ACH DU LIEBERHERR GOTT NOCH MAL

in der fremde mit den fenstern heim
an die decke mit fingern zeichnen
ins wasser fallen
und aus dem rahmen
sich auf die stirn einkratzen
geh fort
weiss gott
bei gott
Nazar Hontschar
Grazer Stadtschreiber 2007/08
rulururu

post VORGESTELLTE LESEPERFORMANCE

fridtjof @ 27. Januar 2008, 23:59

Filed under: Schreiben

 

November-Dezember 2007 –

 

Willgönnen!

Ich stelle mir vor.

Ich stelle mir folgendes vor.

Bin ein österreichischer Autor.

Und eine ausgezeichnete Figur österreichischer Literatur.

Warum auch nicht?

z.B. mein gemütlicher Kollege, unter anderem Lehrbeauftragter an der Karl-Franzens-Universität Graz, schreibt hauptsächlich auf Arabisch [seine Frau (Arabistin) übersetzt ihn] und ist österreichischer Schriftsteller – Tarek Eltayeb. Arabischer immerhin auch. Österreichisch-arabischer. Sohn sudanesischer Eltern, geboren in Kairo, lebt in Wien. Und zu allem anderen mit „Elias Canetti Stipendium der Stadt Wien 2005“ ausgezeichnet. (Elias Canetti war bekanntlich erster Nabl-Preis-Träger – beiläufig gesagt – Literaturpreis-der-Stadt-Graz-Träger)

Auch mein Stadtschreiber-Stipendium der Stadt Graz ist österreichische Auszeichnung. Mich übertragen kann meine Frau (Germanistin), die mir auch bei Übertragung aus der Lyrik unter anderem von Tarek Eltayeb behilflich ist und (apropos) den ausgezeichneten Roman „Alle Tage“ von neuster Nabl-Preis-Trägerin Terezia Mora übersetzt hatte. Und diese deutschsprachige Schriftstellerin ist [Bemerkung am Rande] ungarischer Herkunft.

Meine Herkunft ist sozusagen österreichisch-ungarisch. Alle meine Großeltern waren im Königreich (oder Kronland) Galizien (und Lodomerien) als Angehörige der Habsburger Monarchie geboren. Und Urgroßeltern auch. Obwohl Staatsangehörigkeit nicht zu viel zu sagen hat [in Klammern lassen wir, dass der süße Kaiser meinen Urgroßvater in den Tod getrieben hatte (s. Hommage UROPA)]. Bei Geburt meiner Eltern war Galizien unter dem polnischen Regime, und bei meiner Geburt spielte Sowjetunion die Rolle „der Hebamme“. Trotzdem bin ich Sohn von ukrainischen Eltern, Ukrainischlehrern, und ukrainischer Dichter. Ich lebe derweil in Österreich und versuche auf Deutsch zu schreiben.

Ich bin weit entfernt davon zu glauben, dass mein Deutsch in nächster Nähe zum Gipfel der Vollkommenheit ist. Auf Kompliment – ich spreche angeblich perfekt deutsch, kann ich selbstironisch nur folgendes antworten: nicht perfekt, aber „ausgezeichnet“.

Warum gebe ich mir mit der Fremdsprache Mühe? Und was für einen langmütigen Leser darf ich dann erhoffen?! Und was kann ich /bin ich fähig/ mit meinen dürftigen Deutschkenntnissen und -fertigkeiten in die österreichische Literatur mit/zu/bringen!

Poeta semper tiro. Und ein Neuling kann leicht zum Neuerer (Bahnbrecher, oder Wahnfrecher) werden. Und zwar – zu einem Neuwortschöpfer. Mein Bekannter aus der Schweiz Ansgar Snettlage, Ukraine-Fan, der Ukrainisch vielleicht ungefähr so wie ich Deutsch /mir als dem Deutschkenner ähnlich/ kann, fragte mich einmal in Wien (nach der von ihm organisierten Ukraine-Demo) während der ukrainischen Orangerevolution: ein Mensch, der auf dem Unabhängigkeits-Platz – auf dem „Majdan“ – manifestiert, heißt er „Majdanez’“? Ich finde das sprachlich gut gefunden (bentrovato! – e vero!) und richtig.

Nun muss ich mich rechtfertigen wegen der nächsten Binsenweisheit (von Zeit zu Zeit aber muss man sich an Tatsachen erinnern, die offensichtlich aussehen): jede Sprache hat eigene ganz übliche Wort-[-verbindungs-]-bildung, die – wortwörtlich in eine andere Sprache übertragen – wieder metaphorisch-bildlich klingen könnte. Manchmal braucht man nur ein frisches 😉 Auge.

Manchmal braucht ein Schriftsteller einen (mindestens) Leser, der ihm über das Geschriebene die Augen öffnet. Ich bin dieser eine Leser zugleich, manchmal. Lesen kann ich nicht zu viel, weil Wirkung des Lesens kaum alkoholfrei wird. Unter verschiedensten „geistigen Getränken“ sind Wörterbücher meine Lieblingslektüre. Der Rausch ist für mich optimal geistig.

Schreibend sowieso in der Sprache, die mir noch nicht genug zahm ist, freue ich mich als echter (wie es im Buch steht – angeborener) Philologe über und auf glückliche Gelegenheit: durchzusuchen – wie Wörter im Wörterbuch stehen. Solche Methode ist unzureichend um ganzes Erbe von einem gewissen „Volker Sprachschöpfer“ erfolgreich zu begreifen, aber ergreifend reif um zuzugreifen. Lesespaß ist Lesespaß.

ZUG(UZ)

eben – zugeben,

zugreifen – Reifen,

Leich – zugleich – Leich,

Reifen – zugreifen,

zugeben – eben.

Obenangeführtes Gedicht hatte ich noch vor drei Jahren „geschaffen“, eigentlich von einem deutschen Wörterbuch abgeschrieben, und bis heute bin ich nicht sicher, vielleicht stammt derselbe Zug aus der Feder jemandes noch.

[Pause] [Pause] [Pause]

Pausen werde ich pausen

post VORGESTELLTE SCHREIBPERFORMANCE

admin @ 1. November 2007, 00:00

Filed under: Schreiben

September-Oktober 2007

Ich stelle mich vor.
Bin Der Ukrainischer Autor.
Und Der Grazer Stadtschreiber.
Stadtschreiben sollte ich lieber auf Ukrainisch.
Nicht jeder aber (schreiben wir), nicht jeder in Graz kann Ukrainisch lesen.
Und mein Deutsch (und zwar Österreichisch) ist nicht so frei und reich um denkbarmöglichstes zu erreichen. Dazu auch Grammatik, oder bei mir Auch-Grammatik… Ganz eventuelle Mischvertändnisse werden hoffentlich nicht fatal.

Das Problem liegt aber woanders.
Schreiben ist mir übel.
Nein, „außergewöhnlich begabt und beinahe halsbrecherisch erfindungslustig“ bin ich immer weiter. Dazu – eine dämliche „professionelle Krankheit“: alles was passiert (ganze Welt, auch meine Gefühle inkl.) beobachte ich als Schriftsteller – wozu würde es passen? Zu einem Gedicht, zu einer Erzählung? Drama? Drehbuch? Wohin kann man das und das als Schreibens- und dann Lesenswürdigkeit einschreiben?
Zum Einschreiben aber hab ich keine Lust mehr. Das ist kein Spaß, kein Vergnügen, kein Trost. Wo fehlt es denn wieder? Weiß der Teufel! „Ich wewde dew Towfel“ sagte ich als kleines Kind betreffs meines zukünftigen Berufs, und erklärte dann einem betroffenen Erwachsene: „wawl dew Towfel alles wawß“ (weil der Teufel alles weiß). Ein bisschen später, schon als Schüler hatte ich Schwärmerei: Offenbarung – weiß Gott und weiß ich wie die Welt verklären, klug und glücklich umgestalten. Bin weder Gott noch dew Towfel. Bin Auch-Zauberer,

„…weil es mich gibt
zwischen gaumen und himmel
egal wo mit einer blassen
ahnung von “te ipsum” vom
geist der natura rerum
ich glaube
zwischen den wörtern
erkennen zu können
indem ich die wörter
wählerisch wähle
den zauberschlüssel wenn
nicht zum garten eden so
zu porto franco…“

[eingedeutscht von Chrystyna Nazarkewytsch (meine Frau)
eingetäuscht von mir]

Schreiben ist so mühsam und schon so total uninteressant für mich. Das kotzt mich schon an (wie man so appetitlichdeutsch sagt).
Statt schreiben würde ich gerne schreiten und schreien. Was könnte ich noch, Schnörkel zeichnen, Performance zeigen, Zen scheinen? Würde ich Stattschreiber. Würde ich Werdenswürdigkeit (was bedeutet dieser „Neologismus“? – müsste mir jemand deuten, erwünscht schriftlich).
Das Geschriebene oder Nichtgeschriebene macht nun keinen Unterschied, das ändert mich nicht. Publikation kann nur [SOLI DEO HONOR ET GLORIA] Ruhm und Honorar (oder Preis) mittragen. Oder auch Probleme.
Und Probleme hab ich schon bei (sogar vor) Schreibung. Meine Schöpferqualen haben in letzter Zeit (schon in Graz) noch eine ganz konkrete physische Dimension. Oder ist es doch Metaphysik? Meine Finger (wegen Wirbelsäule – glaube ich, „wegen Wirbelstift“ eigentlich – wollte ich sagen) erstarren und krümmen sich. (Warum ist die Banane gefingert krumm?)
Trotzdem: schreiben soll ich mindestens versuchen. Weil nicht schreiben darf ich nicht. Es wäre nicht ehrlich, nicht redlich. Red’, Nazar, red’! Du hast schon ziemlich geschrieben, und gar nicht zu schlimm. Dein Labor macht Kinder froh, und Erwachs’ne ebenso…
Bin nicht sicher, ob Schreiben meine Schuld gegen die GANZE Menschheit ist. Es gibt aber jemanden. Unter anderen meine MitwettbewerberInnen, und meine JurorInnen, und meine Stadt Graz.

Graz war mir nicht ganz fremd noch weit vor meiner Ankunft. Das ist eine lange Geschichte, und eine andere. Noch zuhause, kurz vor der Abfahrt, hatte ich eine Idee eines Essays für Graz. Ich hatte auch Zeitnot und nennen wir das „Streß“ vor und bei der Lemberger Buchmesse. Das einzige was mir gelungen ist – ist ein Palindrom [Buchstabe um Buchstabe sowohl von links nach rechts wie auch von rechts nach links – dasselbe (z.B. „Leser Esel“) – bekanntlich, oder auch Wort um Wort: ich schimpfe dich nicht, nicht dich schimpfe ich]… Ein dreifaches Palindrom. Distichon eigentlich, und Titel ist auch hin und her lesbar. Wenn das Ganze im ganzen kann man entziffern und begreifen nicht als sinnlosen Wortschwall.

ZARGE DER REDE – GRAZ

Bild a.Z.*
Argusaug-
arten
hü!
Bühne
trag UA**
s.u.***
Graz ad lib.****

 

###
TRAG
UZ

 

RED
EFEU – TAND? ERDER?

 

RED
O NEBEL

 

RED
ULTRA-ZEN

 

NENNE
FAHNE
FORUM

 

RED
NAZAR
GRAZ AN DER MUR

 

OFENHAFEN
NENNE
ZARTLUDERLEBEN

 

ODER?

 

RED RED
NA
TUE
FEDERZUGART

 

* auf Zeit / ** Uraufführung [Ukraine] / *** siehe unten / **** ad libitum

Kommentar ? Nur ein paar Bemerkungen:

  • Efeu – Einfach zu erraten. Efeufach schön am Schlossberg als „Anker“ zu haben.
  • O Nebel – Wenn man [bei all meiner Achtung vor Nobel und Nabl] Nebelpreisgekrönt wurde, dann … Nebel – Ultra-Zen-Zustand von Wasser. Mensch – Wasser und Begleitstoffe.
  • Mur – mon amour, antwortete ich auf Anfrage einer Journalistin „Could you please give me one sentence about what you like in Graz, what you are expecting during this year, what are your plans and so on…” Mur – mon amour, könnte ich schreiben so fließend – wäre es GRAZiös.

In Lemberg haben wir nur unterirdischen Fluss, verteufelt infernal, fäkal. Scheißbegleitstoffzustand. Verflucht!
Außergewöhnliche Wonne – an der Mur zu wohnen. Darf ich der Mur meine Performance vorstellen? Man schreibt mit Wasser auf Wasser. Mit feinem [Brand]Wasserstrahl auf schroffem [Lehm]Wasserstrom. Genauergenommen: knietief schöpft man Wasser aus dem Fluss mit einer leeren Mineralwasserflasche und entleert sie auf die Flussfläche. Schöpft mit Verbeugung und entleert. Man schreibt erst D, dann A. Erst D taucht-taut hinunter, dann A. DA [und schon nicht DA] …

DA ~ BESSER ~ DARUM
~~~
MUR ~ ADRESSE ~ BAD

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NAZAR HONTSCHAR [HOHN-NT-SCHAR]

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