ACH DU LIEBERHERR GOTT NOCH MAL

in der fremde mit den fenstern heim
an die decke mit fingern zeichnen
ins wasser fallen
und aus dem rahmen
sich auf die stirn einkratzen
geh fort
weiss gott
bei gott
Nazar Hontschar
Grazer Stadtschreiber 2007/08
rulururu

post VORGESTELLTE SCHREIBPERFORMANCE

admin @ 1. November 2007, 00:00

Filed under: Schreiben

September-Oktober 2007

Ich stelle mich vor.
Bin Der Ukrainischer Autor.
Und Der Grazer Stadtschreiber.
Stadtschreiben sollte ich lieber auf Ukrainisch.
Nicht jeder aber (schreiben wir), nicht jeder in Graz kann Ukrainisch lesen.
Und mein Deutsch (und zwar Österreichisch) ist nicht so frei und reich um denkbarmöglichstes zu erreichen. Dazu auch Grammatik, oder bei mir Auch-Grammatik… Ganz eventuelle Mischvertändnisse werden hoffentlich nicht fatal.

Das Problem liegt aber woanders.
Schreiben ist mir übel.
Nein, „außergewöhnlich begabt und beinahe halsbrecherisch erfindungslustig“ bin ich immer weiter. Dazu – eine dämliche „professionelle Krankheit“: alles was passiert (ganze Welt, auch meine Gefühle inkl.) beobachte ich als Schriftsteller – wozu würde es passen? Zu einem Gedicht, zu einer Erzählung? Drama? Drehbuch? Wohin kann man das und das als Schreibens- und dann Lesenswürdigkeit einschreiben?
Zum Einschreiben aber hab ich keine Lust mehr. Das ist kein Spaß, kein Vergnügen, kein Trost. Wo fehlt es denn wieder? Weiß der Teufel! „Ich wewde dew Towfel“ sagte ich als kleines Kind betreffs meines zukünftigen Berufs, und erklärte dann einem betroffenen Erwachsene: „wawl dew Towfel alles wawß“ (weil der Teufel alles weiß). Ein bisschen später, schon als Schüler hatte ich Schwärmerei: Offenbarung – weiß Gott und weiß ich wie die Welt verklären, klug und glücklich umgestalten. Bin weder Gott noch dew Towfel. Bin Auch-Zauberer,

„…weil es mich gibt
zwischen gaumen und himmel
egal wo mit einer blassen
ahnung von “te ipsum” vom
geist der natura rerum
ich glaube
zwischen den wörtern
erkennen zu können
indem ich die wörter
wählerisch wähle
den zauberschlüssel wenn
nicht zum garten eden so
zu porto franco…“

[eingedeutscht von Chrystyna Nazarkewytsch (meine Frau)
eingetäuscht von mir]

Schreiben ist so mühsam und schon so total uninteressant für mich. Das kotzt mich schon an (wie man so appetitlichdeutsch sagt).
Statt schreiben würde ich gerne schreiten und schreien. Was könnte ich noch, Schnörkel zeichnen, Performance zeigen, Zen scheinen? Würde ich Stattschreiber. Würde ich Werdenswürdigkeit (was bedeutet dieser „Neologismus“? – müsste mir jemand deuten, erwünscht schriftlich).
Das Geschriebene oder Nichtgeschriebene macht nun keinen Unterschied, das ändert mich nicht. Publikation kann nur [SOLI DEO HONOR ET GLORIA] Ruhm und Honorar (oder Preis) mittragen. Oder auch Probleme.
Und Probleme hab ich schon bei (sogar vor) Schreibung. Meine Schöpferqualen haben in letzter Zeit (schon in Graz) noch eine ganz konkrete physische Dimension. Oder ist es doch Metaphysik? Meine Finger (wegen Wirbelsäule – glaube ich, „wegen Wirbelstift“ eigentlich – wollte ich sagen) erstarren und krümmen sich. (Warum ist die Banane gefingert krumm?)
Trotzdem: schreiben soll ich mindestens versuchen. Weil nicht schreiben darf ich nicht. Es wäre nicht ehrlich, nicht redlich. Red’, Nazar, red’! Du hast schon ziemlich geschrieben, und gar nicht zu schlimm. Dein Labor macht Kinder froh, und Erwachs’ne ebenso…
Bin nicht sicher, ob Schreiben meine Schuld gegen die GANZE Menschheit ist. Es gibt aber jemanden. Unter anderen meine MitwettbewerberInnen, und meine JurorInnen, und meine Stadt Graz.

Graz war mir nicht ganz fremd noch weit vor meiner Ankunft. Das ist eine lange Geschichte, und eine andere. Noch zuhause, kurz vor der Abfahrt, hatte ich eine Idee eines Essays für Graz. Ich hatte auch Zeitnot und nennen wir das „Streß“ vor und bei der Lemberger Buchmesse. Das einzige was mir gelungen ist – ist ein Palindrom [Buchstabe um Buchstabe sowohl von links nach rechts wie auch von rechts nach links – dasselbe (z.B. „Leser Esel“) – bekanntlich, oder auch Wort um Wort: ich schimpfe dich nicht, nicht dich schimpfe ich]… Ein dreifaches Palindrom. Distichon eigentlich, und Titel ist auch hin und her lesbar. Wenn das Ganze im ganzen kann man entziffern und begreifen nicht als sinnlosen Wortschwall.

ZARGE DER REDE – GRAZ

Bild a.Z.*
Argusaug-
arten
hü!
Bühne
trag UA**
s.u.***
Graz ad lib.****

 

###
TRAG
UZ

 

RED
EFEU – TAND? ERDER?

 

RED
O NEBEL

 

RED
ULTRA-ZEN

 

NENNE
FAHNE
FORUM

 

RED
NAZAR
GRAZ AN DER MUR

 

OFENHAFEN
NENNE
ZARTLUDERLEBEN

 

ODER?

 

RED RED
NA
TUE
FEDERZUGART

 

* auf Zeit / ** Uraufführung [Ukraine] / *** siehe unten / **** ad libitum

Kommentar ? Nur ein paar Bemerkungen:

  • Efeu – Einfach zu erraten. Efeufach schön am Schlossberg als „Anker“ zu haben.
  • O Nebel – Wenn man [bei all meiner Achtung vor Nobel und Nabl] Nebelpreisgekrönt wurde, dann … Nebel – Ultra-Zen-Zustand von Wasser. Mensch – Wasser und Begleitstoffe.
  • Mur – mon amour, antwortete ich auf Anfrage einer Journalistin „Could you please give me one sentence about what you like in Graz, what you are expecting during this year, what are your plans and so on…” Mur – mon amour, könnte ich schreiben so fließend – wäre es GRAZiös.

In Lemberg haben wir nur unterirdischen Fluss, verteufelt infernal, fäkal. Scheißbegleitstoffzustand. Verflucht!
Außergewöhnliche Wonne – an der Mur zu wohnen. Darf ich der Mur meine Performance vorstellen? Man schreibt mit Wasser auf Wasser. Mit feinem [Brand]Wasserstrahl auf schroffem [Lehm]Wasserstrom. Genauergenommen: knietief schöpft man Wasser aus dem Fluss mit einer leeren Mineralwasserflasche und entleert sie auf die Flussfläche. Schöpft mit Verbeugung und entleert. Man schreibt erst D, dann A. Erst D taucht-taut hinunter, dann A. DA [und schon nicht DA] …

DA ~ BESSER ~ DARUM
~~~
MUR ~ ADRESSE ~ BAD

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NAZAR HONTSCHAR [HOHN-NT-SCHAR]

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